Adipositas-, Metabolische, Plastische Chirurgie
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Experteninterview: Magenballon, Magenband, Endo-Sleeve, Schlauchmagen oder Magen-Bypass?
Dr. Karl Peter Rheinwalt beantwortet häufig gestellte Fragen zu den verschiedenen OP-Verfahren am Adipositaszentrum
Erst mal nur Magenballon oder doch eine Operation wie Schlauchmagen, Y-Bypass oder Mini-Magen-Bypass? Es gibt unterschiedliche endoskopische und operative Verfahren in der Adipositaschirurgie. Welche Behandlung für den Patienten bzw. für die Patientin am besten geeignet ist, hängt von vielen Faktoren ab und muss individuell entschieden werden. Dr. Karl Peter Rheinwalt, Chefarzt und Leiter des Adipositaszentrums am St. Franziskus-Hospital, gibt Auskunft über die Vor- und Nachteile der einzelnen Verfahren.
Herr Dr. Rheinwalt, aktuell wird von einigen Kliniken der „Endo-Sleeve“ als besonders schonende Methode propagiert. Was halten Sie von dieser Methode?
Dr. Rheinwalt: Grundsätzlich neu ist diese Methode nicht, sie existiert schon etliche Jahre als chirurgische minimal-invasive „Gastroplikatur“. Diese hat sich aber insgesamt nicht durchgesetzt. Beim Endo-Sleeve wird das Magenvolumen verkleinert, indem man von innen die Magenwand mit festen Nähten faltet bzw. zusammenzieht. Diese Variante der Magenverkleinerung erfordert keine Bauchschnitte, weil sie mittels einer Magenspiegelung erfolgt. Es wird hierbei (wie bei der „Gastroplikatur“) kein Teil des Magens entfernt, sondern nur vernäht. Allerdings vernarbt ein größerer Teil des Magens durch diese Nähte von innen, was in der Folge durchaus zu Komplikationen führen kann. Ich sehe es im Vergleich zur chirurgischen Magenverkleinerung (sowohl Gastroplikatur als auch Schlauchmagenoperation) als einen Nachteil, dass beim Endo-Sleeve der obere Teil des Magens (sog. „Fundus“) nicht mit verkleinert werden kann.
Das heißt, dass die Endo-Sleeve-Methode weniger schonend ist als gedacht?
Ja richtig, beim Endo-Sleeve ist der Magen deutlich narbig verändert. Das führt nicht selten zu Problemen und macht es übrigens durchaus kompliziert, wenn die so behandelten Patienten nach dem Eingriff wieder zunehmen und eine weitere Operation nötig ist. Der einzige Vorteil des Endo-Sleeve ist, dass die sehr kleinen Narben an der Bauchdecke entfallen, die sonst bei einer Standard-OP auftreten.
Wie sind die Ergebnisse beim Endo-Sleeve?
Es liegen zum Endo-Sleeve meines Wissens bislang keine wirklich überzeugenden Langzeitergebnisse vor und die Krankenkassen übernehmen die Kosten für den Endo-Sleeve auch nicht. Dadurch, dass nur der mittlere Magenabschnitt beim Endo-Sleeve verschmälert werden kann, ist mit einer relativ häufigen, frühzeitigen und ausgeprägten Gewichtswiederzunahme nach diesem Eingriff zu rechnen. Am St. Franziskus-Hospital nehmen wir keine Operationen nach diesem Verfahren vor.
Welches sind schonende Behandlungsverfahren, die am Adipositaszentrum in Köln eingesetzt werden?
Am wenigsten invasiv ist der Magenballon, der ohne Schnitte bei einer Magenspiegelung eingesetzt wird. Der Magenballon ist eine mit Flüssigkeit gefüllte Silikonkugel, die das Magenvolumen vermindert. Die Patienten können nur noch kleinere Portionen essen und nehmen ab. Es fallen keine Nähte und Narben an und der Magen bleibt als Organ völlig intakt.
Das klingt gut – Wo sind die Nachteile beim Magenballon?
Ein Magenballon muss nach sechs bis zwölf Monaten wieder entfernt werden, da das Material aus Sicherheitsgründen nie zu lange im Körper bleiben sollte. Überdies führt der Ballon zu einer Verdickung der Magenwand. Der größte Nachteil ist sicherlich, dass ein großer Teil der Patienten nach dem Entfernen des Ballons wieder zunimmt. Der Effekt über die Magenvolumenverkleinerung hält meist nur temporär an.
Bei welchen Patienten setzen Sie den Magenballon ein?
Ein Magenballon ist, wie gesagt, ein sehr schonender und risikoarmer Eingriff. Patienten, die eine große Operation scheuen, können hier beim Abnehmen initial unterstützt werden. Von dieser Methode profitieren besonders Menschen mit erstgradiger Adipositas, die es schaffen, ihren Lebensstil dauerhaft umzustellen. Der Magenballon ist dann quasi ein „motivierender Kick“, der bei der Ernährungs- und Bewegungsstiländerung beim Abnehmen hilft.
Ein weiterer Anwendungsbereich ist das so genannte „Down Staging“. Wenn Patienten mit einem extrem hohen BMI nicht ohne Risiko operiert werden können, kann über einen Magenballon eine Gewichtsreduktion im Vorfeld erzielt werden.
Wie sehen die Ergebnisse beim Magenband aus?
Hier muss man differenzieren. Zum einen gibt es das verstellbare Magenband, das man in den 90er und 2000er Jahren eingesetzt hat. Bei dieser Methode hat man ein Silikonkissen operativ um den Magen gelegt. Über einen Verbindungsschlauch und einen „Port“ unter der Haut konnte man das Silikonband punktieren bzw. auffüllen. So konnte man das Magenband verstellen. Diese bariatrische OP hat von allen Operationsverfahren die schlechtesten Ergebnisse gezeigt. Das Magenband hat keinen appetitzügelnden Effekt und führt relativ häufig zu Komplikationen. Wir setzen am Adipositaszentrum in Köln nur noch in Ausnahmefällen verstellbare Magenbänder ein.
Welche Art von Magenband ist aus Ihrer Sicht in der Adipositas-Therapie sinnvoll?
Zur Unterstützung und Ergebnisverbesserung kann man bei einer Adipositas-Operation zusätzlich ein Magenband – besser gesagt: einen Magenring – einsetzen. Das kann man sich vorstellen wie eine Art „Kabelbinder“ aus speziellem medizintechnischen Material. Dieser Ring wird um den Magen gelegt und verhindert eine Erweiterung der Magentasche. Dazu gibt es sehr gute Langzeitstudien mit vielen Patienten, die einen besseren Erfolg im Langzeitergebnis zeigen. Leider hat sich dieses bisher noch nicht als Standard-Verfahren durchgesetzt. Die Kassen übernehmen diese Zusatzkosten leider nicht. Patienten müssen die zusätzliche Leistung (einige Hundert Euro) selbst übernehmen.
Kann man diesen Magenring auch nachträglich setzen?
Man kann den Magenring beim primären Eingriff legen und auch nachträglich einsetzen. Zum Beispiel, wenn Patienten wieder zugenommen haben oder als Revisionsoperation nach einer Magen-Bypass-Operation. Der Ring hat den Effekt, dass der Nahrungsstrom verlangsamt wird. Das hilft beispielsweise auch, um die Komplikation des sog. Dumping-Effekts zu behandeln. Das sind Kreislaufprobleme und Unterzuckerungen, die in einem geringen Prozentsatz bei Magenbypasspatienten auftreten können. Wichtig zu wissen: Der Magenring wird immer nur in der Kombination mit einem Schlauchmagen oder mit einem Magen-Bypass eingesetzt.
Dr. Rheinwalt, Sie haben die Standardverfahren „Schlauchmagen“ und „Bypass“ genannt. Was sind hier die Vor- und Nachteile?
Beim Schlauchmagen muss man sich bewusst sein, dass diese Operation irreversibel ist. Etwa 80 % bis 90 % des Magens sind für immer weg. Bei den Bypass-Verfahren (Y-Roux-Bypass und Mini-Magen-Bypass) ist das anders, diese Operationen lassen sich rückgängig machen. Ein weiterer Nachteil des Schlauchmagens ist, dass etwa 30% der Patienten größere Probleme mit Sodbrennen (Reflux) bekommen. Auch die Gewichtszunahme im Langzeitergebnis nach fünf Jahren ist beim Schlauchmagen häufiger als bei den Bypass-Verfahren.
Für welche Patienten ist der Schlauchmagen die beste Methode?
Der Schlauchmagen hat den Vorteil, dass der Nahrungsbrei komplett über den Dünndarm geführt wird. Patienten, die aufgrund von bestimmten Vorerkrankungen auf besonders komplexe Kombinationen von Medikamenten angewiesen sind, die oral eingenommen werden müssen, kommt ein Bypass eher nicht in Frage. Auch bei sehr hohem BMI und ungünstiger Fettverteilung kommt häufig nur ein Schlauchmagen in Betracht. Ein weiterer Faktor ist das Rauchen: Beim Y-Roux-Bypass wie auch beim Mini-Magen-Bypass ist fortgesetztes Rauchen ein Ausschlusskriterium.
Wo ist der Unterschied zwischen den Y-Roux-Bypass und dem Mini-Magen-Bypass?
Die Wirkung beider Verfahren ist an sich sehr ähnlich. Bei beiden Operationen verkürzt man den Weg des Nahrungsbreis im Dünndarm. Der Unterschied besteht in der Länge bzw. der Anordnung der Dünndarmschlingen. Der Vorteil beim Mini-Magen-Bypass ist, dass dieser sehr einfach und auch bei Patienten mit sehr hohem BMI durchgeführt werden kann. Diese Operation kann leicht verändert werden. Der Nachteil beim Mini-Magen-Bypass ist, dass es in 5 bis 10% der Fälle zu Reflux-Problemen mit Sodbrennen kommen kann.
Und wie sehen die Ergebnisse beim Y-Roux-Bypass aus?
Der Roux-Y-Verfahren ist ein seit sehr langer Zeit eingeführtes Verfahren, das allerdings etwas aufwendiger ist. Hier hat man sehr gute Langzeitergebnisse und wenig Probleme mit Reflux. Wenn es geht, ist dieses Verfahren zu bevorzugen. Aber wie gesagt: Nicht bei allen Patienten liegen die individuellen Voraussetzungen für eine solche Operation vor. Mitunter braucht es sogar mehrere operative Schritte, um eine nachhaltige und dauerhafte Gewichtsreduktion zu erzielen. Überdies ist – wie bei allen Adipositas-Operationen – die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, die regelmäßige Nachsorge und die Umstellung des Lebensstils erforderlich.
Wie kommt es, dass Patienten trotz bariatrischer Operation wieder zunehmen können?
Es ist so, dass sich der Körper enorm anpassen kann. Hier spielen zum einen genetische Faktoren eine Rolle. Zum anderen ist die Mitarbeit des Patienten ganz entscheidend. Die Operation ist kein Selbstläufer! Wir sehen in unseren Sprechstunden aktuell etliche Patienten, die wieder deutlich zugelegt haben. Als Gründe dafür werden geschlossene Fitnessstudios, soziale Isolierung und Depression in Folge der Corona-Pandemie angegeben. Unter Druck verfallen einige Patienten wieder in alte Muster wie Inaktivität und emotionales Essen.
Das klingt nach einem steinigen Weg… Was sagen Sie adipös erkrankten Patienten, die einen operativen Eingriff in Erwägung ziehen?
Wir sagen allen Patienten: Den schnellen und einfachen Weg gibt es nicht! Eine Operation ist immer ein Baustein im Rahmen einer ganzheitlichen Therapie. Es geht nur mit einer dauerhaften Umstellung des Lebensstils. Und wie bei jeder chronischen Erkrankung gilt: Man muss immer weiter am Ball bleiben!
Ein klares Fazit! Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Rheinwalt.
Die Fragen im Interview stellte Iris Gehrke, Unternehmenskommukation am St. Franziskus-Hospital